E-Learning: Wie haben die das früher nur gemacht?

Wenn man beim Pinkeln in Ohnmacht fällt, dann heißt das „Miktionssynkope“. Was, noch nie davon gehört? Ich auch nicht – bis heute, da hat sich das dank Amboss geändert. Das webbasierte Lernportal der Firma Miamed hat seit seiner Gründung 2011 ganz still und heimlich die Mediziner-Examensvorbereitung revolutioniert: ein gut strukturierter Lernplan mit Lernkarten, die alle für das Examen wichtigen Krankheitsbilder abdecken, kombiniert mit Altfragen der vergangen Examina und jeder Menge Verlinkungen, Bilder, Skizzen, Fotos, Lehrvideos, weiterführenden Weblinks. Alles, was man heutzutage braucht, um sich auf das 2. Staatsexamen vorzubereiten, wird uns auf dem goldenen Tablett serviert. Ich muss noch nicht einmal planen, wann ich was lerne – 100 Lerntage sieht der Examensplan vor, und ich gehe sie einfach eins nach dem anderen durch.

Viele ältere Mediziner-Generationen kennen wahrscheinlich noch die schwarze Reihe

Mit Büchern lernt heute kaum mehr jemand von uns Medizinstudenten. Zumindest nicht für das Examen. (Nur der Anatomie-Atlas konnte bisher noch nicht digitalisiert werden! Aber den brauch ich zum Glück auch nur noch sehr selten…) Sicher, die Universitätsbibliothek hat auch noch jede Menge Bücher und Zeitschriften zur Ansicht. Aber nur selten sehe ich Studenten, die sich an ihnen bedienen. Die meisten bringen ihre Lernutensilien komplett mit, Lehrbuch, Laptop, Collegeblock; die Bibliothek ist ein modernes Büro, in Ruhe und weniger einsam kann man hier lernen als zuhause, sehen und gesehen werden, Kaffeepausen mit seinen Kommilitonen genießen. Die Kontrolle am Eingang ist deswegen nicht minder streng – man munkelt es gäbe wirklich Studenten, die versuchen würden, Journals aus der Bib zu schmuggeln!

Wie haben die das früher nur gemacht?

Das Lernen ist heute interaktiv. Sobald ich einen Begriff nicht kenne, klicke ich ihn an und lass ihn mir erklären, geht das nicht, google ich ihn kurz. Es gibt kaum ein Thema, zu dem Doccheck, Youtube oder Wikipedia nicht weiter wüssten! In der Forschung ist es genauso, die Pubmed-Recherche liefert mir, richtig angewandt, in Sekundenschnelle relevante Journalartikel, die ich im Handumdrehen in meine Endnote-Bibliothek importiere. Dank meiner intelligenten Ordern sortieren sich die Artikel sogar selbst! Meine Mutter erzählt noch, wie sie sich interessante wissenschaftliche Zeitschriften einzeln aus den Regalen gesucht, den Artikel nachgeschlagen, überflogen, alles was für wichtig empfunden kopiert hat. Was für ein Zeitaufwand!

Wir haben es doch richtig leicht. Oder?

Wir Studenten von heute sind verwöhnt, aber mehr Freizeit haben wir (glaube ich) dennoch nicht als unsere Eltern oder vorangegangene Medizinergenerationen. Die Zeit passt sich an, es wird mehr verlangt (Hypothese! Was meint ihr?), und schließlich geht es wie immer darum, in der Gauß’schen Notenverteilung seines eigenen Semesters möglichst weit rechts zu stehen. Und jeder hat heutzutage Internet. Aber beeindruckend ist es, wie schnell sich Dinge verändern, und dass ich sogar einer junge Assistenzärztin (Examen vor 5 Jahren?) das Amboss-Prinzip erklären muss, lässt mich grübeln. Wie die Zeit vergeht!

Zur Miktionssynkope

Ach ja – so richtig viel konnte Amboss mir dazu leider nicht beibringen, aber nach kurzer Recherche weiß ich mehr: Besonders nach Alkoholkonsum und direkt nach dem Aufstehen aus dem wollig-warmen Bett kann es beim Pipi machen zu Bewusstseinsverlust kommen – Grund ist der plötzlich abnehmende Druck im Unterbauch, der zu einem fallenden Blutdruck führen kann, sowie die Entspannung des gesamten Körpersystems, um das Urinieren zu ermöglichen. Fun Fact: besonders Segler sind gefährdet, an der gefährlichen Synkope zu sterben, wenn sie beim Entleeren ihrer oft übervollen Blase unfreiwillig über Board gehen. Unbedingt als  mögliche Todesursache im Hinterkopf behalten, falls ihr mal eine Wasserleiche mit entblößtem Genitale findet! (Übrigens: Wäre das nicht eine fabelhafte Idee für einen Tatort?)

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